Marius Fuchs
Früherkennung von Unternehmenskrisen
Die Schwierigkeit bei der Früherkennung von Unternehmenskrisen kulminiert in der Frage «Wann ist Krise?». Ein negatives Nettoumlaufvermögen (NUV) kann ein Hinweis auf eine fortgeschrittene, akute Liquiditätskrise sein – oder aber auch ein Ausdruck der Stärke einer dominanten Verhandlungsmacht gegenüber Lieferanten.
Ist ein Unternehmen, das in der Branche als Innovationsführer anerkannt ist, erfolgreich oder vielmehr im Vorzimmer einer Krise? Eher Letzteres, wenn Innovationsführerschaft mit der Kennzahl «Anzahl neu lancierte Produkte pro Jahr» gemessen wird, die Firma aber laufend Bruttomarge und Marktanteile verliert. In dem Fall besteht vielmehr die Gefahr einer Ertrags- und Strategiekrise: Es besteht der dringende Verdacht, dass die neuen, vermeintlich innovativen Produkte am Markt vorbeientwickelt werden, während die bestehenden Umsatzträger an Stosskraft verlieren. Der Forschungsleiter wird ein solches Argument nicht ohne Gegenwehr akzeptieren. Die Früherkennung mag dennoch geschaffen sein, aber die Kürzung oder Umlagerung von Budget als ‘präventive’ Massnahme ist noch lange nicht beschlossen und umgesetzt. Die mögliche Krise nimmt ihren Fortgang.
Früherkennung ist nie klar sichtbar und meistens schwierig zu kommunizieren. Erfolgreiche Früherkennung von Krisen – und von Chancen – hängt somit wesentlich mit dem richtigen Adressieren und Moderieren von Wissen, Meinungen und Vermutungen zusammen. Qualitative und quantitative Merkmale müssen aggregiert und geschickt mit den verschiedenen mentalen Bildern konfrontiert werden.