Jonathan Levy, Curator & Art Expert, Rothschild & Co Wealth Management Switzerland
Plattform Schaffen
Im Rahmen des diesjährigen Forums Kunst und Recht werden die neusten Entwicklungen am Kunstmarkt unter die Lupe genommen und ein Blick in die Kristallkugel gewagt. Für einige Beobachter sieht die Zukunft des Kunstmarktes düster aus. Politische- und ökonomische Unsicherheit, Überregulierung, Betrugsfälle, Spec-u-lecting und eine zunehmende Vermischung von High– und Low in der zeitgenössischen Kunst. Dies bereitet vielen alteingesessenen Beobachtern Kopfschmerzen. Wir freuen uns der Frage, ob und wie berechtigt solche Ängste sind, und welche Chancen der aktuelle Kunstmarkt bietet, im Rahmen des diesjährigen Forums mit Ihnen nachzugehen.
Entwicklungen am Kunstmarkt – Ganz nüchtern betrachtet
Seit den 70er Jahren beobachten wir ein kaum gebremstes Wachstum und eine zunehmend globalisierte Vernetzung des Kunstmarktes. Bei den Evening Sales der grossen Auktionshäuser werden inzwischen Bieter aus über 80 Ländern registriert. Die Anzahl der Sammler, Galerien, und Museen in der Welt ist rasant angestiegen und somit auch die Anzahl der KünstlerInnen, die unter Druck stehen der Nachfrage der wachsenden Käuferschaft gerecht zu werden.
Die Programme grosser Galerien, wie Zwirner, Pace, Gagosian und Hauser & Wirth zählen inzwischen über 100 KünstlerInnen und Nachlässe. Ihre Aktivitäten beschränken sich nicht nur auf die Vermarktung und den Verkauf von Kunst, sondern umfassen heute auch das Studiomanagement der KünstlerInnen, die Produktion von teils monumentalen Auftragsarbeiten, sowie die Pressearbeit, hauseigene Publikationen, und sogar Gastro- und Hotelleriekonzepte.
Können jüngere und kleinere Galerien neben «Mega Galleries» überhaupt noch bestehen, oder sind diese lediglich für den Aufbau und die Wiederentdeckung von künstlerischen Positionen zuständig? Die Entwicklungen der letzten Jahre scheinen dies zumindest teilweise zu bestätigen.
Kunst ist in der Zwischenzeit längst zu einer akzeptierten Anlageklasse geworden. Bei Befragungen von Kunstkäufern ist ein Trend zu beobachten: Immer mehr Käufer sehen Kunst als attraktiven Hedge gegen Inflation, der nebst einer finanziellen Rendite auch eine emotionale und gesellschaftliche Dividende auszuschütten verspricht.
Diese Entwicklung hat der Kunstmarkt nicht zuletzt den grossen Auktionshäusern zu verdanken. Mit aufwändigen und kostspieligen Multi-channel Marketingkampagnen kultivieren sie neue und finanziell unabhängige Konsumentengruppen auf der ganzen Welt. Vor allem in Asien verzeichnet die Branche eine zunehmend jüngere Käuferschicht, die sowohl wissbegierig als auch kaufkräftig und digital vernetzt ist.
Seit Mitte der 80er Jahre sind Auktionsresultate für die ganze Öffentlichkeit einsehbar. Dies ermöglicht Analysen, Vergleiche und Prognosen. Mit zunehmender Rechenkraft, können immer mehr Datenpunkte erfasst und verarbeitet werden. Die Autorität traditionell ausgebildeter Experten wird zunehmend auf die Probe gestellt. Gleichzeitig eröffnet der Kunstmarkt durch diese Entwicklungen neue Geschäftsfelder, beispielsweise für Beteiligungen oder Kunstkredite.
Je grösser und demokratischer die Nachfrage nach Kunst, desto kürzer der viel beschworene Time Lag zwischen den Finanz- und Kunstmärkten. Ob Kunst deshalb langfristig ihr Versprechen dekorrelierter Diversifikation halten kann, ist angesichts dieser Entwicklungen noch zu prüfen.
Gleichzeitig lässt sich auf der ganzen Welt ein zunehmendes Interesse am Kunstmarkt seitens der regulatorischen Behörden beobachten. Vielerorts ist der Kunsthandel inzwischen dem Geldwäschereigesetz unterstellt, um organisierte Kriminalität und Terrorismus-Finanzierung zu bekämpfen. Für kleinere Händler und Galerien bedeutet dies einen administrativen Mehraufwand, der zusätzliche Kosten mit sich zieht. Ob und wie der Kunstmarkt insgesamt mit dieser Verantwortung umgeht und ob sich daraus möglicherweise neue Geschäftsfelder ergeben werden, bleibt ebenfalls noch zu klären.
Gespannt verfolgt die Öffentlichkeit die Geschehnisse am internationalen Kunstmarkt. Immer wieder werden spektakuläre Fälschungen entdeckt. In den Medien wird heftig über Enteignungs- und Restitutionsfälle diskutiert. Am Auktionsmarkt jagt ein Auktionsrekord den nächsten, auch wenn sich so mancher Trend zuweilen als kurzlebige Blase entpuppt.
Ars Longa, Vita Brevis
Kunst und Künstlerförderung sind seit jeher ein wichtiger Bestandteil der Rothschild Familientradition. Seit der Eröffnung der Schweizer Büros in Zürich (1968) und Genf (1975), ermöglichen wir in den Räumlichkeiten unserer Bankhäuser Begegnungen mit vorwiegend zeitgenössischer Kunst. 2021 lancierten wir die Rothschild & Co Switzerland Exhibition Series. Jährlich werden in unseren Büros wechselnd kuratierte Ausstellungen rund um aktuelle Themen organisiert und im Rahmen unserer Hosted– Formate zudem ausgewählte Künstlernachlässe und Sammlungen gezeigt.
Aktualität und Relevanz, sowie der Bezug zu den Schauplätzen der Familiengeschichte, spielen dabei eine Hauptrolle. KünstlerInnen deren Werke für die Rothschild & Co Switzerland Art Collection angekauft werden, müssen einen Bezug zu mindestens einem der fünf Länder aufweisen, in denen die Familie Rothschild ihren späteren globalen geschäftlichen Erfolg begründet hat. Mit Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich und Grossbritannien ergibt sich daraus eine Sammlungsformel die sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart verankert ist.
Im Zentrum unseres Engagements in der Kunst steht die Unterstützung junger Kunstschaffender und ihrer aufstrebenden Galerien. Mit unseren Ausstellungen wollen wir eine Plattform für neue Begegnungen schaffen und helfen Brücken zwischen der Kunstszene und einem neuen Publikum zu bauen. Durch unser wechselndes Ausstellungsprogramm, sowie Events und Publikationen schaffen wir anregende Inhalte für bestehende und potenzielle Kunden, Mitarbeiter und alle anderen Besucher unserer Räumlichkeiten.
Stets unserer Tradition verbunden, bleiben wir nahe am Kunstgeschehen dran. Wir verfolgen die jüngsten Entwicklungen am internationalen Kunstmarkt und stehen unseren Kunden in jeder Phase Ihrer Sammlungstätigkeit durch unabhängige Expertise, Rat und Tat zur Seite.